Der 8. Januar 2024, ein historischer Tag für den landwirtschaftlichen Berufsstand und für die Bundesrepublik: 100.000 Traktoren auf deutschen Straßen sind der Auftakt zu einer beispiellosen Demonstrationswoche. In den Tagen danach folgen bundesweit unzählige Protestaktionen gegen die sofortige Streichung der Agrardieselentlastung und die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Land- und Forstwirtschaft. Das politische Berlin zeigt sich beeindruckt. Das Grüne Kennzeichen bleibt, der Agrardiesel wird stufenweise abgebaut. Darüber hinaus stellt die Bundesregierung steuerliche Entlastungen und einen umfangreichen Bürokratieabbau in Aussicht. 5. Dezember 2024: Einen Monat nach dem unwürdigen Ampel-Aus wird das Jahressteuergesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Mit Zustimmung von Bundestag und Bundesrat kommt es zu einer doppelten Absenkung des Pauschalierungssatzes bei der Umsatzsteuer innerhalb von nur wenigen Tagen – mehr Kontrastprogramm zwischen Anspruch bzw. Versprechen und Wirklichkeit ist kaum möglich.
Die nächste Bundesregierung muss endlich für echte Entlastung der Landwirtschaft, Regulierungsabbau und eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit sorgen. Die Betriebe brauchen Planungssicherheit, was nur mit einer verlässlichen Politik möglich ist. Sich ständig ändernde Anforderungen und Vorgaben oder wechselnde Interpretationen bei unveränderter Rechtslage sorgen für Zweifel bei der jungen Generation, die Höfe ihrer Eltern zu übernehmen und zukunftsfest weiterzuentwickeln. Der Versuch, alle möglichen Konstellationen in einer hochkomplexen und von der Witterung abhängigen Branche rechtlich zu regeln, ist zum Scheitern verurteilt. Mehr Eigenverantwortung in den Betrieben und insbesondere auch in den zuständigen Verwaltungen vor Ort ist zwingend notwendig. In Rheinland-Pfalz hat mit Blick auf die kooperative Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz der Schulterschluss Artenvielfalt das Potential eine Blaupause für diesen Weg zu sein.
Mit den Protesten wurden zwar nicht unmittelbar die von uns erhofften Effekte, vor allem direkter finanzieller Art, erreicht, aber sie waren dennoch erfolgreich. Die deutschen Demonstrationen weiteten sich auf andere EU-Staaten aus, was letztendlich zu Erleichterungen und Anpassungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik im Sinne der Betriebe führte. Die Landwirtschaft hat einen höheren Stellenwert auf der politischen Agenda in Berlin und Brüssel erreicht, Ernährungssicherheit hat in die Programmatik der Parteien Einzug erhalten. Der Berufsstand konnten seine Anliegen in der Breite der Gesellschaft verankern und hat für seine Forderungen – auch in den Medien – viel Zuspruch bekommen. Diese Effekte sind vor allem langfristig nicht zu unterschätzen. Unabhängig davon waren die Proteste ein herausragendes Beispiel gelebter Demokratie.
Am Ende eines intensiven Jahres möchte ich mich bei allen, die sich im Laufe des Jahres in unterschiedlicher Art und Weise für den Berufsstand eingesetzt haben, sehr herzlich bedanken. Ich freue mich, wenn wir uns auch im kommenden Jahr gemeinsam für die berechtigten Interessen von Landwirtschaft und Weinbau engagieren, vor allem aber für die Menschen, die mit Herzblut und Leidenschaft in den Betrieben arbeiten. Am Jahresende wünsche ich uns allen ein paar erholsame Tage, die Möglichkeit Kraft für kommende Herausforderungen zu sammeln, ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Start im neuen Jahr.
Ökonomierat Eberhard Hartelt
Präsident Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V.