(DWV) Bonn – Während sich die Lese 2025 mit einer guten Traubenqualität ankündigt, blickt der Deutsche Weinbauverband (DWV) mit gemischten Gefühlen auf den Herbst: „Die Qualität ist entscheidend für die Differenzierung am Markt“, so DWV-Präsident Klaus Schneider. „Ein guter Jahrgang ändert jedoch nichts an den strukturellen Problemen der Branche. Was uns fehlt, ist nicht die Qualität im Weinberg, sondern Konsequenz in der Politik. Deshalb fordert der DWV konsequentes politisches Handeln, wo bisher noch immer der nötige politische Rückenwind fehlt.“
Die Branche steht unter anhaltendem Druck: Konsumrückgang, Produktionskosten auf Rekordniveau, fehlender Bürokratieabbau, wachsender internationaler Wettbewerb und ein zunehmend preissensibler Markt stellen den Weinbau vor existenzielle Herausforderungen. Der DWV fordert: Der weinbaupolitische Stillstand in Berlin muss jetzt ein Ende haben!
DWV als steter Treiber – Brüssel liefert, Berlin bremst
Der DWV hat in den vergangenen Monaten wichtige Prozesse auf den Weg gebracht. In Berlin wie in Brüssel wurden politische Maßnahmen angestoßen und teils bereits umgesetzt, die helfen werden – wenn auch erst mit Zeitverzug für die Praxis spürbar. DWV-Generalsekretär Christian Schwörer stellt klar „Wir stellen aktuell vor allem in Brüssel zahlreiche Weichen für die Weinbranche. Diese müssen dann aber auch zeitnah in Deutschland umgesetzt werden!“
Besonders auf europäischer Ebene konnte der DWV wichtige Fortschritte erzielen. In der sogenannten „High Level Group“ brachte der Verband die deutschen Interessen erfolgreich ein. Das daraus resultierende europäische Weinpaket enthält unter anderem den vorläufigen Anbaustopp, eine erweiterte Absatzförderung, neue Fördermaßnahmen im Weinsektorenprogramm sowie Regelungen für alkoholfreie Weine. Dazu zählt auch das Thema der Neuanpflanzungsgenehmigungen für Rebstöcke: Die sanktionsfreie Rückgabe ist bereits erreicht, die Verlängerung der Wiederbepflanzungsfrist auf dem Weg – jetzt braucht es noch mehr Vereinfachung. Verfahren müssen praxisnah, nachvollziehbar und schnell sein. Erste positive Tendenzen zeichnen sich ab.
Doch was auf EU-Ebene beschlossen wird, muss in Deutschland auch endlich vollständig umgesetzt werden. Rodung, grüne Lese und Destillation dürfen keine Tabus mehr sein. Der DWV fordert daher eine sofortige Anpassung der nationalen GAP-Vorgaben, damit die Regionen alle verfügbaren Instrumente nutzen können – nicht nur die politisch bequemsten. DWV-Generalsekretär Christian Schwörer bringt es auf den Punkt: „Brüssel liefert, Berlin bremst.“
Zwar gibt es aus Sicht des DWV keine kurzfristige Lösung für das strukturelle Ungleichgewicht, das sich über Jahre aufgebaut hat, aber die politischen Prozesse, die auf Initiative der Verbände in Bewegung gesetzt wurden, dürfen nicht im Sand verlaufen. Den Betrieben läuft die Zeit davon.
Bürokratie abbauen, Perspektiven schaffen
„Wir fordern von der Politik klare Signale für eine nachhaltige Zukunft des deutschen Weinbaus“, so DWV-Präsident Schneider weiter. „Das bedeutet: weniger Bürokratie, eine stärkere Berücksichtigung der Branche in der GAP-Politik und langfristige Rahmenbedingungen für eine moderne, resiliente und unternehmerisch geführte Weinwirtschaft – auch im Rahmen der Alkoholpolitik. Die Politik muss sich zu unserer Branche – zum Weinbau in Deutschland – bekennen!“
DWV-Erfolge in Berlin
Trotz eines herausfordernden politischen Klimas konnte der Bundesverband auch auf nationaler Ebene Erfolge erzielt: Die Rückkehr der Agrardiesel-Rückvergütung, die (wenn auch bisher nur befristete) Wiedereinführung der Gewinnglättung sowie die geöffnete Ökoregelung 1a für den Weinbau sind Ergebnisse politischer Arbeit des DWV. Insbesondere Letztere wird nun als Folge der Bemühungen des DWV um die Rotationsbrache für die Weinbranche geöffnet. Dies ist aber nur ein Etappensieg, denn der DWV fordert hier weitere Nachbesserungen. „Diese Anpassung ist nicht ausreichend! Sie entspricht nicht unserer Forderung nach einer eigenen Ökoregelung – der Rotationsbrache! Diese fordern wir unmittelbar“, stellt DWV-Präsident Schneider klar.
Drohnen, Backpulver & Kaliumphosphonat – DWV macht Druck beim Pflanzenschutz
Der DWV kritisiert, dass es bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nicht länger nur um Verbote und Rücknahmen gehen kann. Wenn Betriebe auf existierende Pflanzenschutzmittel verzichten sollen, muss es für wirksame Alternativen auch Genehmigungen geben. Dafür müssen die zuständigen Stellen konstruktiv zusammenarbeiten. Andernfalls steht der Weinbau in Deutschland langfristig auf dem Spiel.
Exemplarisch für diesen Bereich brachte der DWV die angestrebte Wiederzulassung von Kaliumphosphonat (KP) für den ökologischen Weinbau, das kontrovers diskutierte Thema Backpulver oder den Drohnen-Einsatz im Pflanzenschutz erfolgreich auf die politische Agenda. Erste positive Rückmeldungen aus der Politik deuten in die richtige Richtung.
Ebenso bleiben im Bereich der Pflanzengesundheit die Herausforderungen vielfältig. Bekannte und neue Probleme wie die Kirschessigfliege, Flavescence dorée, die Reblaus oder der Japankäfer sind nach wie vor präsent oder scheinen wieder aufzuleben und verlangen nach wissenschaftlich fundierten und politisch abgestimmten Lösungen, die der DWV derzeit fachlich aktiv mitgestaltet. Auch hier fordert der DWV eindringlich auf die Zulassung von wirksamen Pflanzenschutzmitteln gegen die invasiven Schädlinge.
Neue Impulse für den Markt
Eine besondere Baustelle bleibt der deutsche Markt. Seit vielen Jahren gelingt es der Branche nur schwer, die eigene Marktposition spürbar zu stärken. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Weinfonds (DWF) und dem Deutschen Weininstitut (DWI) wird der DWV neue Impulse für die gemeinschaftliche Absatzförderung setzen.
Wie geht es weiter?
„Im Herbst gibt es ein erstes Spitzengespräch mit der neuen Bundesregierung. Erste Signale sind da, aber jetzt müssen Taten auf Worte folgen und die Phase des politischen Stillstands enden. Der DWV hat geschrieben, geworben, angeschoben. Jetzt erwarten wir Bewegung.“, fasst DWV-Präsident Schneider zusammen.