Herausforderungen abseits von Acker, Stall und Weinberg Grußwort zum Jahreswechsel von BWV-Präsident Ökonomierat Eberhard Hartelt

Liebe Landwirte und Winzer, liebe Landfrauen, Landsenioren und Landjugendliche,

die Auswirkungen des Klimawandels machen sich immer stärker bemerkbar und beeinflussen das Wirtschaften auf unseren Feldern. Extreme Witterungsphasen und Wetterereignisse nehmen zu, die Wasserverfügbarkeit ­– das hat das Jahr 2022 erneut gezeigt – wird in zunehmendem Maß zum begrenzenden Faktor. Für diese Herausforderungen wird die innovative Agrarbranche mit ihren hervorragend ausgebildeten Menschen aber Lösungen finden. In unseren Betrieben entwickeln wir die Bewirtschaftungsmethoden kontinuierlich weiter, hinterfragen aktuelle Anbau- und Haltungssysteme und werfen einen kritischen Blick auf die Auswahl unserer angebauten Kulturen.

Die großen Probleme liegen mehr und mehr abseits von Acker, Stall und Weinberg: Die Corona-Pandemie hat deutliche Spuren hinterlassen, die teilweise heute noch nachwirken. Die Regelungen der gemeinsamen Agrarpolitik der EU werden erneut an Komplexität zunehmen und das Auflagenniveau steigt bei gleichzeitig sinkenden Direktzahlungen. Bei der Düngeverordnung kehrt nach wie vor keine Ruhe ein und die Gebiete, in denen die Betriebe mit empfindlichen Begrenzungen zu kämpfen haben, werden wieder ausgeweitet. Der Umbau der Tierhaltung kommt nicht voran, weil man sich in Berlin nicht auf eine Finanzierung einigen kann. Und dann veröffentlichte die EU-Kommission Mitte des Jahres indiskutable Pläne einer massiven Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln bis hin zum Totalverbot in großflächigen Schutzgebieten. Ertragseinbrüche, die Einstellung der landwirtschaftlichen Produktion in ganzen Landstrichen und das Entziehen der Existenzgrundlage zahlreicher Betriebe wären die Folgen.

Verschärft wurde die angespannte Situation durch die Auswirkungen des Ukrainekrieges. Gestörte Lieferketten, Kostenexplosion und mangelnde Verfügbarkeit bei nahezu allen Betriebsmitteln, eine schwer vorherzusehende Entwicklung bezüglich Energie und Dünger sowie extrem volatile Agrarmärkte gehen zusätzlich zu Lasten der dringend notwendigen Planungssicherheit. Die derzeitigen Rahmenbedingungen bringen große Schwierigkeiten mit sich. Einige Betriebe sind aufgrund der Erlössituation nicht in der Lage Gewinne zu erwirtschaften und die betroffenen Familien blicken in eine unsichere Zukunft. Vor diesem Gesamthintergrund tut sich die junge Generation zurecht deutlich schwerer als in der Vergangenheit, den Hof von den Eltern zu übernehmen.

Trotzdem möchte ich alle dazu ermutigen, den Blick einmal etwas weiter zu fassen. Die aktuelle Lage in der Welt ist einmal mehr Beleg dafür, in welch glücklicher Situation wir uns hier im Land befinden. Es ist ein nicht hoch genug einzuschätzendes Privileg, dass wir in Sicherheit und Selbstbestimmung leben und arbeiten können. Und wenn wir als Berufsstand oftmals deutliche Kritik an der Agrarpolitik aus Straßburg und Brüssel äußern, tun wir das im Bewusstsein um die herausragende Bedeutung der Europäischen Union für den Wohlstand unserer Gesellschaft. Seit mehr als 70 Jahren garantiert die EU Frieden zwischen ihren Mitgliedsstaaten – bleibt zu hoffen, dass dieses Versprechen auch weiterhin Bestand hat.

Am Ende dieses sehr bewegten Jahres möchte ich mich im Namen des gesamten Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V., aber auch ganz persönlich, bei allen, die sich für die Belange der heimischen Landwirtschaft und des Weinbaus eingesetzt haben, sehr herzlich bedanken: für die gute Zusammenarbeit, das konstruktive Miteinander, aber auch für den kritischen Diskurs. Nur durch den außergewöhnlichen Einsatz der vielen ehrenamtlich Tätigen und das große Engagement der Mitarbeiter im Verband ist eine erfolgreiche Interessenvertretung möglich. Auch möchte ich die Gelegenheit nutzen, allen Organisationen, die mit uns verbunden sind und an unserer Seite für die berechtigten Anliegen der Landwirte und Winzer in Rheinhessen und der Pfalz kämpfen, zu danken. Das kommende Jahr wird uns mit Sicherheit wieder vor neue Herausforderungen stellen, die es gemeinsam zu meistern gilt.

Mit den winterlichen Temperaturen in den vergangenen Tagen ist die Natur zur Ruhe gekommen und tankt Kraft für das kommende Frühjahr. Daran dürfen auch Sie sich ein Beispiel nehmen. Ein Jahr, das uns allen einiges abverlangte, geht zu Ende. Es ist die Zeit, um innezuhalten und zurück zu blicken. Aber man sollte sich nicht zu lange aufhalten mit dem was war und nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann. Wichtiger ist es, optimistisch nach vorne zu schauen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien besinnliche Weihnachten mit erholsamen Feiertagen, einen guten Rutsch und alles Gute fürs Jahr 2023. Gesundheit, privates Glück, betrieblicher Erfolg und Zufriedenheit mögen Sie begleiten.

Ihr

Eberhard Hartelt

Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V.