(BWV) Mainz. „Die aktuelle Ausrichtung der Agrarpolitik in Berlin und vor allem in Brüssel ist mit Blick auf die globale Lage und die Folgen für die Landwirtschaft nicht zu verantworten!“ Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V. (BWV), Eberhard Hartelt, machte bei der Erntepressekonferenz des Verbandes im rheinhessischen Gundersheim deutlich, dass eine immer stärkere Extensivierung der Landwirtschaft an den gegenwärtigen Realitäten völlig vorbeigeht.
„Flächenstilllegungen, pauschale Verbote beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und ungerechtfertigte Einschränkungen bei der Düngung können nicht die Antwort auf die weltweiten Verwerfungen bei der Lebensmittelversorgung sein“, so Hartelt. Besonders kritisierte er die Brachepflicht im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik, die massive Ausweitung der Gebiete in denen nach Düngeverordnung keine bedarfsgerechte Düngung mehr möglich ist und das Ende Juni von der EU-Kommission vorgelegte Naturschutzpaket.
Wenn dieser Weg weiter beschritten werde, gefährde man nicht nur die Ernährungssicherheit in Deutschland und Europa, sondern nehme in Kauf, dass die Anzahl der hungernden Menschen in der Welt weiter zunimmt. Zudem werde es zu zahlreichen Betriebsaufgaben hierzulande kommen, wenn man den Landwirten und Winzern ihre Produktionsgrundlage entzieht mit Maßnahmen, die einer Enteignung bzw. einem Berufsverbot gleichkommen.
Der BWV-Präsident stellte klar, dass es nicht darum gehe, die aktuelle Krise zu nutzen, um das Rad in der Landwirtschaft zurückzudrehen: „Die Landwirte und Winzer stehen weiterhin zu Klima- und Biodiversitätsschutz.“ Das Jahr 2022 habe erneut gezeigt, dass der Klimawandel mit seinen Folgen erhebliche Auswirkungen auf das Wirtschaften in den Betrieben hat. Daher sei es richtig und wichtig Maßnahmen zu ergreifen, um den Klimawandel abzumildern und auch um die Artenvielfalt zu erhalten. Die Ernährungssicherung – lokal und global – dürfe dabei allerdings nicht vergessen werden.
Beide Herausforderungen müssen gemeinsam angegangen werden. Die Landwirtschaft ist hier Teil der Lösung und ist auch bereit sich noch stärker zu engagieren. Die agrarpolitischen Rahmenbedingungen und Vorhaben dienen aber mehr und mehr einseitig dem Klima- und Artenschutz, ohne Rücksicht auf Versorgungssicherheit und die ökonomischen Belange der Betriebe. Laut Hartelt habe der Berufsstand erwiesenermaßen bessere Konzepte, um Klima- und Artenschutz mit der wirtschaftlichen Erzeugung von Lebensmitteln in Einklang zu bringen. Diese müssten aber auch politisch gewollt sein, damit sie zur flächendeckenden Anwendung kommen können.
Mit Blick auf die Getreideernte in diesem Jahr geht der BWV von einer unterdurchschnittlichen Erntemenge aus, die regional sehr unterschiedlich ausfällt. Die ersten Mähdrescher waren bereits in der zweiten Junihälfte auf den Feldern in Rheinhessen und der Pfalz unterwegs.
Noch mehr als in den vergangenen Jahren hängen Ertrag und Qualität sehr stark von der Bodenqualität und den lokalen Niederschlägen ab. Insbesondere Getreidearten, die früh geerntet werden, wie z.B. Wintergerste, konnten noch von der Winterfeuchtigkeit und den Niederschlägen zu Beginn des Frühjahrs profitieren. Beim Winterweizen, der erst später reif wird, machen sich die fehlenden Niederschläge, insbesondere im Mai, mit geringeren Erträgen deutlich bemerkbar.
Durch zwei sehr gute Grasschnitte im Grünland und einer durchweg positiven Heuernte ist die Grundfutterversorgung in den viehhaltenden Betrieben für den kommenden Winter gesichert. Die Mais und Zuckerrübenbestände brauchen dringend Wasser, damit sich ihre bisher gute Entwicklung fortsetzen kann. Mit Blick auf die Wettervorhersage ist aber weiterhin nicht mit Niederschlägen zu rechnen. In Verbindung mit der angekündigten Hitzewelle sind die Ertragserwartungen daher heute schon gedämpft.